Buchhandel

Der deutsche Buchhandel – Ein umfassender Überblick für Autoren

Wie viele Wertschöpfungsstufen umfasst der Buchhandel? Was bedeutet der Begriff „Barsortiment“ und was ist unter Remittenden zu verstehen? Ganz eigene Branchenstandards und eine Vielzahl von Marktteilnehmern kennzeichnen den Buchmarkt. In diesem Artikel erläutern wir dir nicht nur die Systematik und Funktionsweise der einzelnen Wertschöpfungsstufen. Wir gehen auch darauf ein, wie aktuelle Marktentwicklungen die einzelnen Branchenteilnehmer unter wirtschaftlichen Druck setzen. Für Autoren ist es unverzichtbar, die Funktionsweise und die besonderen Charakteristika des Buchhandels zu verstehen, um erfolgsversprechende Entscheidungen für die eigene Buchveröffentlichung treffen zu können.

Was bezeichnet der Begriff Buchhandel?

Wenn in der öffentlichen Berichterstattung oder in privatem Rahmen von „Buchhandel“ gesprochen wird, ist zumeist eine Buchhandlung oder der gesamte stationäre Bucheinzelhandel gemeint, also Einzelhandelsgeschäfte, die vornehmlich Bücher verkaufen. Tatsächlich aber umfasst der Buchhandel als Fachbegriff sämtliche Unternehmen, die buchhändlerisch tätig sind, wie es aus der Satzung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels hervorgeht:

  • Herstellender Buchhandel: Verlage und Self-Publishing-Dienstleister
  • Zwischenbuchhandel: Buchgroßhandel (die sogenannten Barsortimente)
  • Verbreitender Buchhandel: Sortimentsbuchhandel, Internetbuchhandel, Versandbuchhandel, Antiquariate und Werbender Buch- und Zeitschriftenhandel

Diese feingliedrige Definition ist insofern wichtig, da sich daraus die gesamte Wertschöpfungskette des Buchhandels ergibt. Der Begriff der Wertschöpfungskette bezeichnet im engeren Sinn alle Stufen der Produktion und des Verkaufs eines Produktes von A bis Z. Wenn wir hier von der Wertschöpfungskette des Buchhandels sprechen, meinen wir damit alle Etappen und Aktivitäten der Entstehung, Produktion und des Verkaufs eines Buches. Dies bezieht selbstverständlich auch den Autor als Schöpfer und Urheber eines Buches mit ein.

Die Wertschöpfungskette des Buchhandels

Für jeden Buchautor ist es wichtig, sich einmal zu vergegenwärtigen, welche Unternehmen und Handelspartner daran beteiligt sind, dass ein Buch vom Autor zum Leser gelangt bzw. dass aus einem fertigen Manuskript am Ende auch ein professionell gesetztes und gedrucktes Buch wird, das in der Buchhandlung oder im Onlineshop erworben werden kann. Diesen Prozess nachzuvollziehen, erleichtert das Verständnis dafür, weshalb am Ende nicht nur der Autor selbst am Buch verdient, sondern auch viele weitere Unternehmen, die dafür sorgen, das ein Buch überhaupt verkauft werden kann. Nicht zuletzt gehen wir auch auf einige Besonderheiten des Buchmarktes ein, die ihn von anderen Branchen grundlegend unterscheiden.

Welche Stufen umfasst die Wertschöpfungskette des Buchhandels im Einzelnen? Beim Autoren nimmt das Buch seinen Anfang. Damit es überhaupt und überall (!) gekauft werden kann, bedarf es zahlreicher weiterer Wertschöpfungsstufen: Verlage lektorieren und layouten Bücher, Druckereien produzieren Bücher, Verlagsauslieferungen und Buchgroßhändler – die Barsortimente – sorgen für die Ausstattung des Buchhandels mit Büchern. Der Einzelhändler schließlich verkauft sie an den Leser.

Autor

Mit dir als Buchautor nimmt die Wertschöpfungskette des Buchmarktes ihren Anfang. Der Buchmarkt lebt von Autoren und ihren Inhalten: Ob faszinierende Welten oder spannungsreiche Szenarien, die Autoren in Romanen erschaffen oder dem Fachwissen zu unterschiedlichsten Themen, das in Sach- und Fachbüchern verewigt wird. Ohne den kreativen Ideenreichtum und das schriftstellerische Talent von Autoren entstünde kein Buch. Die umfangreiche Schreibarbeit, die Autoren leisten, würde wiederum niemals von jedermann zu kaufen und lesen sein, wenn es nicht den Buchhandel mit seinen weiteren Wertschöpfungsstufen geben würde.

Wie wird aus einem Manuskript ein Buch?

Natürlich kann ein Autor auch auf einer eigenen Webseite sein Buch zum Verkauf anbieten. Es wäre aber niemals möglich, so viele Leser zu erreichen wie über die Vertriebswege des Buchhandels. Zudem ist ein Manuskript, das ein Autor vollendet hat, noch lange kein Buch: Es muss formatiert, gestaltet, professionell gesetzt, gelayoutet und schließlich gedruckt werden. Veröffentlicht ein Autor sein Buch bei einem traditionellen Verlag, übernimmt dieser bzw. dessen Dienstleister sämtliche Aufgaben der Buchgestaltung und -herstellung. Im Self-Publishing obliegt es dem Autor, welche Aufgaben er selbst übernimmt oder aber je nach Budget für sein Buch extern vergibt. Da sich das Self-Publishing in den vergangenen Jahren als dynamisch wachsender Veröffentlichungsweg im Buchmarkt etabliert hat, gehen wir im Folgenden nicht nur auf Verlage als herstellende Buchhändler ein, sondern auch auf Self-Publishing-Dienstleister.

Verlag oder Self-Publishing?

Hat ein Autor sein Buch fertig geschrieben und möchte dieses veröffentlichen, reicht er entweder sein Manuskript bei einem oder mehreren Buchverlagen ein. Alternativ entscheidet sich ein Autor für die Veröffentlichung via Self-Publishing-Dienstleister. Welcher Veröffentlichungsweg für dich persönlich der richtige ist, kannst du anhand unseres Artikels „Self-Publishing oder Verlag: Welcher Weg passt zu deinem Manuskript?“ herausfinden.

Buchverlag

Per definitionem stellt ein Buchverlag Druckerzeugnisse und mittlerweile natürlich auch E-Books her. Dafür gewährt ein Autor dem Buchverlag die entsprechenden Verwertungsrechte an seinem Buch. Als unbekannter Autor mit seinem Manuskript bei einem Buchverlag veröffentlichen zu können, ist allerdings äußerst schwer. Wie du in unserem Beitrag über das Einreichen von Manuskripten nachlesen kannst, gelingt es nur 0,5 Prozent der Autoren, die unverlangt ihr Manuskript bei einem Verlag einreichen, auch tatsächlich dort zu veröffentlichen. Die Buchverlage schaffen es schlichtweg nicht, die tausenden Manuskripte, die jährlich eingesendet werden zu sichten. Zudem stehen Buchverlage angesichts stagnierender Buchumsätze zunehmend unter Druck und verlassen sich lieber auf Folgetitel erfolgreicher Bestandautoren oder erfolgsversprechende Lizenzen ausländischer Titel.

Wie arbeitet ein Buchverlag?

Dass ein Buchverlag nicht nur nach inhaltlich-stilistischen, sondern auch stark nach wirtschaftlichen Aspekten sein Programm zusammenstellen muss, ergibt sich zum Teil aus seiner Arbeitsweise heraus: Ein Buchverlag übernimmt sämtliche Leistungen und Tätigkeiten, die aus einem Manuskript ein fertig gedrucktes und professionell gelayoutetes Buch machen. Zudem vertreibt und bewirbt der Verlag jedes Buch. Umgesetzt werden all diese einzelnen Arbeitsschritte in den einzelnen Abteilungen des Verlags: Lektorat, Rechte & Lizenzen, Herstellung, Marketing, Vertrieb und Presse. Sämtliche Leistungen finanziert der Verlag vor. Denn wie sich ein Buch schlussendlich verkauft, zeigt sich erst in der Folge.

Große Verlage dominieren die Bestsellerlisten

In unserem Beitrag So arbeitet ein Buchverlag: Was jeder Autor über die verlegerische Praxis wissen sollte kannst du detailliert nachlesen, wie die einzelnen Abteilungen eines Verlags arbeiten. Zudem erfährst du auch, wie stark sich die Verlagslandschaft in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, von einer heterogenen Struktur mit vielen kleinen, unabhängigen Verlagen hin zu großen, teils weltweit tätigen Verlagsgruppen, die zahlreiche Imprints (Verlagsmarken) unter ihrem Dach vereinen. In Deutschland gibt es etwa 2.000 Verlage, davon noch immer viele kleine Verlagshäuser. Dennoch werden die Umsatzrankings und Bestsellerlisten von den größten Verlagsgruppen (Random House, Holtzbrinck-Verlage, Bonnier-Verlage) dominiert.

Um aus einem Manuskript ein druckreifes Buch herzustellen, arbeitet ein Buchverlag auch mit diversen Dienstleistern zusammen. Dazu gehören Druckereien, Buchbindereien oder auch freie Illustratoren und Lektoren.

Self-Publishing-Dienstleister

Wählst du als Buchautor den Veröffentlichungsweg Self-Publishing, so wirst du in der Regel die Dienstleistungen eines Self-Publishing-Dienstleisters in Anspruch nehmen. Diese bieten Autoren im Gegensatz zu Buchverlagen eine sehr schnelle und unkomplizierte Veröffentlichung ihres Buches an. Nicht umsonst sind 2019 ganze 50.000 Self-Publishing-Titel auf dem deutschen Buchmarkt erschienen, Tendenz steigend. Zum Vergleich: Buchverlage haben 70.000 Titel veröffentlicht, Tendenz sinkend! Self-Publishing ist also ein stark, wachsendes Segment innerhalb des Buchmarktes. Dafür müssen Self-Publishing-Autoren aber auch – je nach Konzept und Angebot des jeweiligen Self-Publishing-Dienstleisters – einige Aufgaben selbst übernehmen bzw. selbstverantwortlich entscheiden, ob sie ein professionelles Lektorat, Korrketorat oder Coverdesign, in Anspruch nehmen oder nicht. Bei tredition sind zahlreiche Leistungen wie ein automatischer Buchsatz oder ein einfach zu bedienender Cover-Designer bereits im Veröffentlichungspreis enthalten.

Angesichts der starken Konkurrenz nicht nur innerhalb des Self-Publishings, sondern auch durch Verlagstitel, ist es jedem Self-Publishing-Autor zu empfehlen, auf eine professionelle Umsetzung seines Buchprojektes wert zu legen. Ein Buch sollte mindestens professionell korrigiert und im Idealfall auch lektoriert werden.

Wie Buchverlage arbeiten auch Self-Publishing-Dienstleister für die Herstellung von Büchern mit Druckereien zusammen, auf die wir im folgenden Punkt näher eingehen.

Druckerei

Im heutigen Buchdruck kommen als Verfahren in der Regel der sogenannte Offsetdruck oder der Digitaldruck zum Einsatz. Beim Offset-Druck – basierend auf dem englischen Begriff „set off“ (= absetzen) – wird Druckfarbe von einer Druckplatte auf ein Drucktuch und von dort aufs Papier übertragen. Haben Bücher eine hohe Auflage, so werden diese meist von der Rolle produziert (Rollenoffsetdruck). Für Bildbände und Kunstbücher hingegen kommt die Bogenmaschine (Bogenoffsetdruck) zum Einsatz.

Was sind die Vorteile des Digitaldrucks?

Gegenüber dem Offsetdruck wird beim Digitaldruck keine statische Druckform benötigt. Vielmehr wird das Druckbild aus einer Computerdatei in eine Druckmaschine übertragen. Im Buchdruck gewinnt der Digitaldruck zunehmend an Bedeutung, da das Druckverfahren für kleinere Auflagen deutlich wirtschaftlicher ist als der Offsetdruck. Self-Publishing-Titel werden aus diesem Grund nahezu ausschließlich im Digitaldruck produziert, da sie anders als Verlagstitel gezielt auf Bestellung produziert werden: Hierbei kommt das sogenannte Print-on-Demand-Verfahren zum Einsatz, dessen sich auch klassische Verlage beispielsweise für den Druck von Backlist-Titeln bedienen. Qualitativ steht der Digitaldruck dem Offsetdruck heute in nichts mehr nach. Der große Vorteil des Print-on-Demands ist zudem, dass Bücher schnell und unkompliziert neu aufgelegt werden können.

Die wirtschaftliche Situation der Druckindustrie

Die Herstellungsabteilungen der Buchverlage stimmen Druckpreise, Auftragsvolumina, Druckauflagen und Lieferzeiten mit den Druckereien ab. Für dich als Autor ist es nicht nur wichtig zu wissen, welche Produktionsverfahren beim Buchdruck eingesetzt werden, sondern auch in welcher wirtschaftlichen Lage sich die Druckindustrie befindet. Diese hat seit Jahren mit steigenden Papierpreisen zu kämpfen. Gründe hierfür sind u.a. verteuerte Rohstoffe wie Zellulose, ein zugleich wachsender Rohstoffbedarf weltweit und höhere Transportkosten etwa durch die Mautpflicht. Bereits im Sommer 2018 hatte der Bundesverband des Deutschen Papiergroßhandels (BVDDP) Druckereien dazu aufgerufen, höhere Preise an die Kunden weiterzugeben und die Gründe dafür deutlich zu kommunizieren.

Wenn ein Buch schließlich fertig gedruckt ist, kommt die letzte Etappe auf dem Weg zum Kunden und Leser: Über Verlagsauslieferungen und Barsortimente gelangt es in die Regale des Bucheinzelhandels bzw. in die Onlineshops. Diesem sogenannten Zwischenbuchhandel widmen wir uns im Folgenden.

Verlagsauslieferung

Was versteht man exakt unter einer Verlagsauslieferung? Ihre Arbeit ist für Autoren und Leser kaum sichtbar und dennoch äußerst wichtig im Buchvertrieb: Als Dienstleister der Buchverlage lagern, bestellen und versenden Verlagsauslieferungen Bücher an den Einzelhandel und übernehmen auch die Rechnungsstellung.

Der Ursprung der Auslieferer

Bis Ende der 1950er Jahre waren Verlagsauslieferungen reine Zwischenbuchhändler. Nachdem allerdings Bertelsmann 1959 seine Vereinigte Verlagsauslieferung gegründet hatte, folgten zahlreiche Buchverlage diesem Beispiel, gründeten ihre Verlagsauslieferungen aus, um auch für andere Verlage (Verlagsmandanten) als Auslieferer tätig zu werden.

Für Buchverlage hat die Auslagerung ihrer Auslieferung den Vorteil, sich auf das Kerngeschäft – die Arbeit am Buch und mit Autoren – konzentrieren zu können, ohne dabei die eigene Vertriebshoheit zu verlieren, d.h. die Entscheidung darüber, welche Bücher in welcher Auflage über welche Kanäle vertrieben werden. Wie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in seinem ABC des Zwischenbuchandels erläutert, besteht der Vorteil einer Verlagsauslieferung im Gegensatz zur Selbstauslieferung u.a. „in der preisgünstigeren Abwicklung (Bündelungs- und Synergieeffekte, bessere Ausnutzung technischer Einrichtungen und Geräte, Mehrfachnutzung von Softwaremodulen usw.)“, „ im detaillierteren und tagesaktuellen Berichtswesen (Buchungen, Informationen, Statistiken) sowie in der Vermeidung von Kapazitätsengpässen bzw. Überkapazitäten auf Grund saisonaler oder produktionsbedingter Schwankungen“.

Verlagsauslieferungen gewinnen neue Bedeutung

Kurz vor der Frankfurter Buchmesse 2019 meldete das Börsenblatt, dass Verlagsauslieferungen aktuell eine neue, große Bedeutung zukommt, nachdem der Buchgroßhändler Libri zuletzt stark Titel ausgelistet hatte, die sich gar nicht oder nur in geringen Stückzahlen verkaufen. Insbesondere kleine und unabhängige Verlage suchen deshalb verstärkt nach Alternativen zur Auslieferung ihrer Titel.

Wie unterscheiden sich Verlagsauslieferungen von Barsortimenten?

Wichtig ist hierbei die Abgrenzung von Barsortimenten (Buchgroßhandel) und Verlagsauslieferungen. Während Barsortimente Bücher zu Großhandelspreisen von Verlagen erwerben und an den Bucheinzelhandel weiterverkaufen, sind Verlagsauslieferungen als Dienstleister für Verlage tätig und übernehmen dabei wie ein ausgelagerter Vertrieb nahezu alle Services der Lagerung, Bestellung und Auslieferung von Büchern. Etwas kompliziert für Branchenfremde ist dabei, dass Buchgroßhändler in einer eigenen Unternehmenssparte mitunter auch als Verlagsauslieferung tätig werden. So beispielsweise die KNV-Gruppe, die allerdings im Februar 2019 Insolvenz anmelden musste und zum 1. August durch den Logistikdienstleister Zeitfracht übernommen wurde. Mehr zum Buchgroßhandel erfährst du im Folgenden.

Barsortiment (Buchgroßhandel)

Bedeutung und Funktion eines Barsortimentes haben wir zuvor erläutert: Als Zwischenbuchhändler kauft das Barsortiment Bücher von Verlagen und verkauft diese weiter an den Bucheinzelhandel. Der etwas sperrige Begriff „Barsortiment“ ergibt sich aus der Historie dieser Zwischenbuchhändler: Sie lieferten ihr „Sortiment“ zu dem Preis an ihre Kunden, zu dem Verlage ihre Titel normalerweise an Buchhändler verkauften, wenn diese bar bezahlten – der sogenannte Originalrabatt.

Welche Barsortimente gibt es?

Barsortimente – oder einfacher ausgedrückt Buchgroßhändler – sind ein unverzichtbares Glied in der Wertschöpfungskette des Buchhandels. Sie beliefern deutschlandweit und über Nacht die Buchhandlungen mit eigenen Liefersystemen (Bücherwagen) und erhalten somit die gesamte logistische Infrastruktur des Buchmarktes aufrecht. In Deutschland teilt sich der Buchgroßhandel auf die drei Firmen Libri, Zeitfracht (ehemals KNV) und Umbreit auf. Weitere erwähnenswerte Konkurrenten existieren nicht.

Aus KNV wurde Zeitfracht

Für die gesamte Buchbranche war die Nachricht der bereits erwähnten Insolvenz des Unternehmens KNV (Koch, Neff & Volckmar) schockierend. KNV, inzwischen unter dem Namen Zeitfracht aktiv, beliefert eigenen Angaben zufolge 7.000 Buchhandlungen und weitere buchführende Geschäfte über Nacht, abgesehen von der für Verlage ebenso existenziellen Sparte der Verlagsauslieferung. Für die Buchgroßhandels-Konkurrenten Libri und Umbreit wäre es rein aus Kapazitätsgründen unmöglich gewesen, das Lieferpensum von KNV aufzufangen. Kleinere Buchhandlungen sahen ihre Existenz unmittelbar dadurch gefährdet, dass sie sich meist nur von einem der drei Buchgroßhändler beliefern lassen und auch dessen spezielle Warenwirtschaftssoftware nutzen.

Warum geriet KNV in die Insolvenz?

In der Publikumspresse wurde die Insolvenz von KNV mitunter als Beleg dafür angeführt, dass die Buchbranche angesichts stagnierender bzw. sinkender Buchumsätze und wachsenden Verlusts an Buchkäufern stark kriselt. Dies ist allerdings zu kurz gegriffen: Zur Insolvenz des Buchgroßhändlers trug in erheblichem Maße bei, dass ein 2014 bei Erfurt neu eröffnetes Logistiklager von KNV einen holprigen Start nahm und nicht nur große finanzielle Einbußen, sondern auch Kundenabgänge zur Konkurrenz nach sich zog. Die Übernahme von KNV durch Zeitfracht sicherte schließlich den Fortbestand von KNV mit dem Ziel, das Logistikzentrum in Erfurt profitabel zu machen.

Buchgroßhändler unter Druck

Wenngleich der KNV-Insolvenz also vorwiegend interne Schwierigkeiten zugrunde liegen, so zeigt sich im Buchgroßhandel unweigerlich auch, wie stark die Buchbranche unter Druck steht. Ein Beispiel: Im Sommer 2019 listete der Buchgroßhändler Libri 180.000 Titel von kleineren Verlagen aus mit dem Ziel der Verschlankung des eigenen Lagers. Betroffen waren insbesondere Backlist-Titel sowie niedrigpreisige Titel mit einem Ladenpreis von unter 4,90 Euro. Betroffene Verlage kritisierten die damit verbundene Existenzgefährdung kleiner, unabhängiger Verlage sowie Buchhandlungen, die ihr Sortiment ausschließlich über Libri bestücken.

Sowohl Buchgroß- und Einzelhändler als auch Buchverlage sind aufgrund der angespannten Marktlage gezwungen, neue Erlösmodelle zu entwickeln, um rückläufige Buchumsätze auszugleichen. Die Herausforderung liegt darin, bei der Etablierung innovativer Geschäftsmodelle, auch über das Produkt Buch als solches hinaus, nicht von branchenfremden, jungen Unternehmen und deren Ideenreichtum überrumpelt zu werden.

Sortimentsbuchhandel

Was umfasst der  Begriff Sortimentsbuchhandel exakt? Der Begriff bezeichnet eine Buchhandlung, deren Sortimentsschwerpunkt Bücher bilden und deren Titelauswahl möglichst breit ist. In der Regel sind in einer Sortimentsbuchhandlung ausgebildete Buchhändler tätig, die die Kunden entsprechend beim Buchkauf beraten und nicht vorrätige Titel bei den Barsortimenten oder Verlagsauslieferungen über Nacht oder innerhalb weniger Tage bestellen. Von Sortimentsbuchhandlungen abzugrenzen sind Bahnhofsbuchhandlungen, deren Buchsortiment auf Schnelldreher und Spitzentitel fokussiert ist sowie Antiquariate oder Versandbuchhändler. Ergänzend sei erwähnt, dass auch Supermärkte sowie Schreibwarengeschäft, Drogerien oder Tankstellen Bücher verkaufen. Gemeinsam mit Bahnhofsbuchhandlungen erfasst der Börsenverein des Deutschen Buchhandels diese als „Sonstige Verkaufsstellen“. Warenhäuser werden separat ausgewiesen.

Welchen wirtschaftlichen Stellenwert hat der Sortimentsbuchhandel?

Mit zuletzt 42 % Umsatzanteil (2020) ist der Sortimentsbuchhandel nach wie vor der wichtigste Vertriebsweg für Bücher in Deutschland. Der Internetbuchhandel hatte 2020, erstmals einen Umsatzanteil von 24,1 Prozent, bis dato lag er stets unter der 20-Prozent-Marke.

Wie sehr allerdings die Marktlage – sich wandelndes Einkaufsverhalten und Konkurrenz durch digitale Medien – den Sortimentsbuchhandel fordert, ist an der Entwicklung der vergangenen Jahr(zehnte)e abzulesen. Insbesondere kleine und mittelständische Buchhandelsunternehmen mussten ihre Geschäfte aufgeben oder an größere Filialisten verkaufen. Große Filialketten wiederum sehen sich gezwungen, Flächen insbesondere dort zu verkleinern, wo die Konkurrenz intensiv ist.

Filialisten dominieren den Bucheinzelhandel

Von den etwa 5.000 Buchhandlungen, die es in Deutschland gibt, sind die meisten zwar nach wie vor kleine, inhabergeführte Geschäfte, doch der allergrößte Teil des gesamten Buchumsatzes (insgesamt 9,30 Mrd. Euro in 2020 laut Börsenverein) entfällt auf große Filialisten. Das bedeutet für die Buchverlage: Sie verkaufen den Großteil ihrer Auflagen nur noch mit wenigen, großen Ketten, die eine entsprechende Einkaufsmacht entwickelt haben. Führende Filialisten im deutschen Sortimentsbuchhandel sind Thalia, Hugendubel und Weltbild. Nachdem Thalia und Hugendubel in den Jahren 2006 und 2007 bereits durch Übernahmen regionaler Filialisten wie Buch & Kunst/Baedeker, Grüttefien, Habel oder Weiland eine starke Konzentration bewirkt haben, ergab sich 2019 ein weiterer, weitreichender Zusammenschluss: Mit der Fusion von Thalia und dem nordrhein-westfälischen Unternehmen Mayersche entstand ein 330 Filialen in Deutschland und Österreich umfassendes Buchhandelsunternehmen.

Neben diesen deutschlandweiten Marktführern gibt es noch einige regionale Filialisten wie Osiander, Rupprecht und Pustet  in Süddeutschland, Heymann in Norddeutschland sowie Morawa-Leykam in Österreich. Der in der Schweiz führende Filialist Orell Füssli gehört zu 50 % zu Thalia.

Das Dilemma kleinerer Verlage und Händler

Dass große Fusionen wie die von Thalia und der Mayerschen kartellrechtlich genehmigt werden, ist auf die besonderen Gepflogenheiten des Buchmarktes zurückzuführen. Im Gegensatz zum klassischen Konsumgütermarkt gilt für Bücher nach wie vor die Buchpreisbindung in Deutschland. Das Bundeskartellamt argumentierte deshalb anlässlich der Fusion der beiden Unternehmen: „Wegen der gesetzlich vorgegebenen Buchpreisbindung findet der Wettbewerb auf der Bucheinzelhandelsebene ganz überwiegend nicht bei den Preisen sondern bei der Angebotsqualität wie z.B. der Sortimentsauswahl, der Beratung sowie der Gestaltung der Geschäfte statt, was auch Chancen für kleinere Händler bietet.“

Non-Books als Umsatzergänzung

Tatsache ist allerdings, dass kleinere Buchhandlungen einerseits der auf Spitzentitel großer Verlagsgruppen konzentrierten Sortimentspolitik großer Filialisten zum Teil nacheifern, um konkurrenzfähig zu bleiben. Wer als Buchhändler andererseits versucht, mit Titeln kleiner, unabhängiger Verlage zu punkten, sieht sich anderen, bereits beschriebenen Zwängen ausgesetzt: Wenn Barsortimente ihre Lager verschlanken oder sogar Insolvenzen auf Buchgroßhandelsebene drohen, ist das Geschäft mit Büchern kleinerer und mittelgroßer Verlage und Buchhandlungen ganz besonders gefährdet. Nicht ohne Grund haben Bucheinzelhändler längst ihr Sortiment um die sogenannten Nonbooks (Geschenkartikel, Spiel- und Schreibwaren etc.) ausgeweitet.

Internetbuchhandel

1994 kam Jeff Bezos die Idee, Bücher über das Internet zu verkaufen: Kunden bestellen online und bekommen die Bücher nach Hause geliefert. Das von ihm gegründete Unternehmen Amazon ist heute der weltgrößte Internetbuchhändler, wobei natürlich längst zahlreiche andere Produkte zum Angebot von Amazon gehören. Inzwischen betreiben natürlich auch Sortimentsbuchhändler, allen voran die großen Filialisten eigene Onlineshops für Bücher (thalia.de, hugendubel.de, weltbild.de etc.).

Weshalb sind Barsortimente auch für Onlineshops wichtig?

Wie für den Sortimentsbuchhandel so sind auch für Internetbuchhändler die Barsortimente mit ihren Titeldatenbanken ein unverzichtbares Glied in der Wertschöpfungskette des Buches: So nutzen viele Internetbuchhändler nicht nur die Lager der Barsortimente für die Aufrechterhaltung der Über-Nacht-Lieferung. Sie bedienen sich auch der Titeldatenbanken der Großhändler sowie der Buchverlage, um den Endkunden die entsprechenden Informationen zu jedem Buchtitel zur Verfügung zu stellen (Cover, Kurzbeschreibung, Verkaufspreis, ISBN etc.).

Welchen Anteil hat Amazon am Buchumsatz?

Mit etwa 2,358 Mrd. Euro setzten Internetbuchhändler bisher erst 25,4 Prozent (2020) des Gesamtumsatzes mit Büchern in Deutschland um. Die Tendenz ist allerdings wachsend: 2017 lag der Umsatzanteil des Internetbuchhandels noch bei 18,8 Prozent, 2014 bei 16,2 Prozent. Einen Großteil dieses Umsatzes im Internetbuchhandel verbucht Amazon für sich. Vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels gibt es dazu zwar keine offiziellen Zahlen, schätzungsweise hat Amazon alleine aber einen Marktanteil von etwa 15 bis 16 Prozent. Innerhalb des Internetbuchhandels ist Amazon damit zwar dominant, gemessen am Gesamtumsatz des Buchhandels ist der Markanteil von Amazon hingegen weitaus geringer als vielfach von Autoren und Lesern angenommen.

Vom Internetbuchhandel abzugrenzen ist der Versandbuchhandel, den auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels separat betrachtet. Dieser basiert traditionell auf dem Versand von Buchkatalogen, aus denen die Endkunden ihre Bücher auswählen und bestellen. Weltbild begründete in den 1970er Jahren als Versandbuchhändler seinen Einstieg in den Buchhandel. Heute ist Weltbild der zweitgrößte deutsche Internetbuchhändler nach Amazon.

Der E-Book-Markt

Separat von der klassischen Wertschöpfungskette des Buchhandels ist der Handel mit E-Books zu betrachten, da digitale Inhalte andere vertriebliche Voraussetzungen haben als gedruckte Bücher. E-Books gehören wie gedruckte Bücher inzwischen zum Angebot nahezu jedes Buchverlages und Self-Publishing-Dienstleisters. Für die Erstellung von E-Books kooperieren die Buchverlage in der Regel mit E-Book-Dienstleistern, die die Buchinhalte für verschiedene E-Book-Formate und Endgeräte aufbereiten.

Vertrieben werden E-Books über eigene Verlagswebsites, Internetbuchhändler sowie auf den auf E-Books spezialisierten Verkaufsplattformen großer Internetfirmen wie Google Play, den iBookstore von Apple, eBook.de und kobo. Buchverlage kooperieren zum Teil für den Vertrieb ihrer E-Books mit Zwischenbuchhändlern, die zusätzlich zu gedruckten Inhalten auch digitale Inhalte als Großhändler verteilen und so die Onlineshops bedienen.

Besondere Charakteristika des Buchhandels

In den bisherigen Ausführungen hast du bereits erfahren, dass den Buchhandel besondere Branchenstandards und rechtliche Voraussetzungen kennzeichnen, die in klassischen Konsumgütermärkten nicht oder nicht mehr gelten. Zurückzuführen ist dies darauf, dass dem Buch als Kulturgut aus rechtlicher Sicht eine besondere und schützenswerte Bedeutung zukommt, anders als es bei Produkten des alltäglichen Bedarfs der Fall wäre. Im Folgenden erklären wir dir, welche Besonderheiten den Handel mit Büchern kennzeichnen.

Buchpreisbindung – was heißt das?

Sei es, dass ein Leser einen Bucheinkauf bei einer Sortimentsbuchhandlung tätigt, bei einem Onlineshop, in der Bahnhofsbuchhandlung oder im Warenhaus: Der Verkaufspreis des Buches ist überall derselbe. Denn in Deutschland sind sowohl gedruckte Bücher als auch E-Books preisgebunden.

Das Buchpreisbindungsgesetz (BuchPrG) verpflichtet jeden Verlag dazu, für seine Titel verbindliche Verkaufspreise zu definieren. In Paragraph 1 des Gesetzes ist der Zweck desselben folgendermaßen formuliert: „Das Gesetz dient dem Schutz des Kulturgutes Buch. Die Festsetzung verbindlicher Preise beim Verkauf an Letztabnehmer sichert den Erhalt eines breiten Buchangebots. Das Gesetz gewährleistet zugleich, dass dieses Angebot für eine breite Öffentlichkeit zugänglich ist, indem es die Existenz einer großen Zahl von Verkaufsstellen fördert.“ Ziel der Buchpreisbindung sind also Angebotsvielfalt und breite Erhältlichkeit. Indem große wie auch kleine Buchverlage genauso wie Filialisten und kleine Sortimenter mit festen Ladenpreisen arbeiten müssen, soll gewährleistet werden, dass auch Titel, die nicht zu den Bestellern und dem sogenannten „Mainstream“ gehören, für Leser zugänglich sind bzw. Verkaufschancen haben.

Für die Überallerhältlichkeit von Büchern kommt den Barsortimenten, wie zuvor beschrieben, eine große Bedeutung zu, da sie Buchhändlern ermöglichen, nahezu alle Titel, die nicht im Sortiment vorrätig sind, über Nacht zu bestellen. Aus diesem Grund heißt es im BuchPrG in Paragraph 6 Abs 3, dass „Verlage … für Zwischenbuchhändler keine höheren Preise verlangen oder schlechtere Konditionen festsetzen (dürfen) als für Letztverkäufer, die sie direkt beliefern“.

Preisbindung – ja oder nein?

Unsere bisherigen Ausführungen zur wirtschaftlichen Situation des Buchhandels haben bereits gezeigt, dass die Buchpreisbindung alleine nicht garantiert, dass langfristig eine Vielzahl insbesondere kleinerer Buchhandlungen existiert, die die Versorgung von Lesern beispielsweise in ländlichen, dünner besiedelten Gebieten gewährleisten bzw. dafür sorgen, dass auch unbekannte Autoren und Bücher in die Sortimente aufgenommen werden.

In der Buchbranche gehen die Meinungen von Verlegern, Autoren und Dienstleistern darüber auseinander, ob die Buchpreisbindung den Strukturwandel des Buchmarktes aufhalten kann oder im Gegenteil sogar noch befördert. Von Seiten der sogenannten Monopolkommission, ein Gremium, das die Bundesregierung zu wettbewerbspolitischen Themen berät, gab es zuletzt 2018 einen Vorstoß, die Buchpreisbindung abzuschaffen. Dazu kam es zwar nicht, dennoch sind weitere Schritte in diese Richtung zukünftig nicht auszuschließen.

Welche Auswirkungen hätte ein Fall der Preisbindung?

Befürworter der Buchpreisbindung befürchten, noch mehr kleine, inhabergeführte Buchhandlungen müssten schließen und nur die Filialisten würden profitieren, wenn die Buchpreisbindung falle. Zudem wird mitunter das Beispiel Großbritannien angeführt, wo Bücher nicht preisgebunden sind und beispielsweise die Autoren deutlich geringere Honorare erhalten würden.

Gegner der Buchpreisbindung argumentieren wiederum, dass die Buchpreisbindung nicht dem Buch als Kulturgut nütze, sondern nur dem Buchhandel. Zudem würde der Buchhandel von der Möglichkeit, Preisaktionen durchzuführen, profitieren und der ohne Preisbindung entstehende Wettbewerb auf Handelsebene die Flexibilität und Innovationsfreude des Buchhandels fördern.

Remissionsrecht – was heißt das?

Eine weitere Besonderheit im Handel mit Büchern (sowie auch Zeitungen und Zeitschriften) ist das Remissionsrecht. Grundsätzlich haben Buchhändler, wenn Sie Bücher von Verlagen und Barsortimenten ordern, ein Rückgaberecht, d.h. Sie können unverkaufte Bücher zurücksenden und erhalten dafür eine Gutschrift des Verlags. Die zurückgeschickten Bücher werden als Remittenden bezeichnet.

Wie hoch ist die Remissionsquote in Deutschland?

Die Zahl der Remissionen im deutschen Buchmarkt ist enorm hoch. Etwa 30 Mio. Bücher werden jährlich remittiert und jährlich steigt die Remissionsquote sogar noch – also die Anzahl der Remittenden im Vergleich zu den verkauften Büchern. Wie eine Logistikumfrage des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels 2018 ergab, ist die Remissionsquote 2018 im Vergleich zu 2016 wertmäßig von 8,06 auf 8,49 Prozent des Umsatzes gestiegen. Dadurch entstehen für Verlage und Dienstleister naturgemäß entsprechen hohe Kosten. Gründe für die hohen Remissionsquoten sind u.a. darin zu sehen, dass Buchhändler ihre Liquidität und die Option, neue Einkäufe zu tätigen, zu erhalten versuchen; ebenso können Flächenverkleinerungen großer Filialisten hohe Remissionen bewirken.

Remissionsrecht und Self-Publishing

Wenngleich alle Branchenbeteiligten sich aufgefordert sehen sollten, an einer Verringerung der Remissionsquote zu arbeiten, so ist das Remissionsrecht aktuell ein Gut, an dem Buchhändler natürlich festhalten. Als Autor solltest du dir dieser Tatsache bewusst sein und auch wissen, dass viele Self-Publishing-Dienstleister gar kein Remissionsrecht gewähren. Buchhändler sind dieses aber von den klassischen Verlagen gewohnt, so dass die Verkaufschancen für Self-Publishing-Titel ohne Remissionsrecht im Bucheinzelhandel äußerst gering sind. Mehr dazu liest du in unserem Beitrag über Self-Publishing im Buchhandel.

Halbjahrespolitik der Verlage

Wenn ein Konsumgüterhersteller ein neues Produkt auf den Markt bringen möchte, dann tut er dies, sobald das Produkt marktreif ist. Ganz anders verhält es sich in der Buchbranche: Buchverlage geben grundsätzlich nur zwei Mal im Jahr – im Frühjahr und im Herbst – ein neues Verlagsprogramm heraus. Zu diesen Zeitpunkten werden die Buchhandlungen mit den sogenannten Verlagsvorschauen – Kataloge, die neue Titel vorstellen – geradezu überschwemmt. 

Lange Wartezeiten für Verlagsautoren

Die Kunst des Buchhändlers ist es dann, aus der Masse an neuen Titeln der Verlage diejenigen auszuwählen, die in das eigene Sortiment passen und erfolgsversprechend sind. Die Halbjahrespolitik der Buchverlage bedingt in Teilen, dass Autoren oft Monate oder sogar länger als ein Jahr warten müssen, bis ihr Buch tatsächlich erscheint. Nicht ohne Grund entscheidet sich deshalb eine wachsende Anzahl gerade der Sach- und Fachbuchautoren für eine Veröffentlichung im Self-Publishing, da diese ohne Zeitverzug möglich ist. Anders als Buchverlage arbeiten Self-Publishing-Dienstleister nicht auf Halbjahresbasis, sondern geben Bücher sofort und jederzeit heraus.

Verlagsvertreter

Um Buchhändler für ihre Programme zu begeistern, arbeiten Buchverlage mit fest angestellten oder – häufiger noch – freien Verlagsvertretern zusammen, die regional oder deutschlandweit Buchhandlungen besuchen und die Spitzentitel der Verlage näher vorstellen bzw. die Buchhändler beraten, welche Titel in ihr Sortiment passen. Verlagsvertreter sind in der Buchbranche traditionell ein wichtiges Bindeglied zwischen Verlagen und Sortimentern. Angesichts der Vielfalt an Titeln, die jährlich neu erscheinen, ist ein erfolgreicher Einverkauf der Titel im Buchhandel stark von Vertreterbesuchen abhängig. Verlagsvertreter haben einer Umfrage des Börsenblatts zufolge mitunter 200 Termine pro Jahr an über 50 Reisetagen. 

Aufgrund der angespannten Umsatzsituation im Buchmarkt wird es für Verlagsvertreter zunehmend schwierig, ihre Existenz zu sichern. Insbesondere kleinere Verlage wiederum können es sich immer weniger leisten, Vertreter für einen bundesweiten Einsatz zu engagieren. Es bleibt also abzuwarten, in welchem Umfang sich das Vertreterprinzip in der Buchbranche in Zukunft wirtschaftlich aufrechterhalten lässt.

Wirtschaftliche Situation und Ausblick

Mehrfach sind wir in unseren Ausführungen bereits darauf eingegangen, dass die Buchbranche unter starkem Druck steht. Neue, digitale Medien sowie ein verändertes Mediennutzungs- und Leseverhalten tragen dazu bei, dass Bücher mehr intermediale Konkurrenz erhalten haben. Für digitale Medien wie Streamingdienste, Videoplattformen oder Chattprogramme investieren insbesondere Mediennutzer der Altersgruppen 14-29 Jahre und 30-49 Jahre zunehmend mehr Freizeit. So ergab die Studie „Buchkäufer – quo vadis“ des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels etwa, dass 2017 die befragten 30- bis 49-Jährigen 183 Minuten am Tag das Internet für verschiedene Zwecke nutzten, im Jahr zuvor waren es noch 148 Minuten. 14- bis 29-Jährige nutzen 2017 das Internet 274 Minuten am Tag.

Die Freizeit, die in digitale Medien investiert wird, fehlt für das Bücherlesen. Dies spiegelt sich auch darin wieder, dass seit Jahren die Zahl der verkauften Bücher im Buchmarkt bei gut 300 Mio. Stück stagniert, wie die erwähnte Studie des Börsenvereins es beziffert. Das Dilemma: Die Zahl der Neuerscheinungen, die es jedes Jahr auf dem Buchmarkt gibt, wächst stetig. Dies ist insbesondere auf eine stark wachsende Anzahl an Self-Publishing-Titeln zurückzuführen, wie wir in unserem Beitrag zum Thema Self-Publishing ausführen. Immer mehr Bücher werben also um die Gunst einer sinkenden Anzahl an Buchkäufern.

Immer weniger Umsatz pro Buch

Beim Blick auf die Umsatzsituation im Buchhandel wird deutlich, dass pro Buch immer weniger umgesetzt wird. Denn die Gesamtumsätze im Buchhandel stagnieren bereits seit Ende der 1990er Jahre (!) bei etwa 9 Mrd. Euro – bei gleichzeitig hohen oder sogar steigenden Kosten für Herstellung, Marketing und Vertrieb. Buchverlage sehen sich also dem Druck ausgesetzt, jedes Jahr Spitzentitel zu platzieren, die sich sehr gut verkaufen und im Idealfall sogar noch Nischentitel mitfinanzieren. Buchhandlungen ihrerseits sind ebenfalls auf Bestseller und den gut verkäuflichen Mainstream angewiesen, um ihre Existenz zu sichern.

Das E-Book bietet sich als Substitut für entgehende Printumsätze keineswegs an. Denn niedrige Verkaufspreise und eine zugleich stark steigende Anzahl an E-Book-Novitäten (auch vornehmlich durch Self-Publishing) verringern den Umsatz pro E-Book erheblich. Flatrate- und Onleihe-Modelle drücken das Preisniveau von E-Books zusätzlich.

Welche strategischen Optionen bieten sich sonst? Verlage, die es sich leisten können, die Investitionen in das Marketing noch zu erhöhen, können sich auf wenige Titel mit engem Zielgruppenzuschnitt konzentrieren, die im besten Fall hohe Verkaufszahlen generieren. Für eine Vielzahl von Verlagen wird es mangels Investitionskraft jedoch nur die Option geben, den eigenen Titel-Output zu steigern, um Umsätze zu sichern. Dabei können traditionelle Verlage und neue Marktteilnehmer voneinander lernen und miteinander kooperieren. Dies gilt umso mehr, als dass zukünftig Hybridmodelle im Verlagswesen an Bedeutung gewinnen werden: Traditionelle Wege des Publizierens werden ergänzt durch digital verankerte Self-Publishing-Strategien der Autorengewinnung und Veröffentlichung.

Innovationsträgheit der Branche

Für sämtliche Branchenbeteiligten eröffnet sich dabei eine große Bandbreite an Geschäftsmodellen. So könnten beispielsweise jenseits des Kerngeschäfts neue Imprints etabliert werden, um Titel auf ihre Marktfähigkeit zu testen. Buchverlage und Buchhändler stehen vor der Herausforderung, in puncto neue Publikationsmodelle nicht den Anschluss zu verpassen und von branchenfremden Anbietern überholt zu werden. Aufgrund der beschriebenen, seit Jahrzehnten feststehenden Branchenstandards ist die Buchbranche generell durch eine starke Innovationsträgheit gekennzeichnet. Da kein Preiswettbewerb besteht und Bücher zudem remittiert werden können, sahen sich Verlage und Buchhändler lange Zeit nicht in der Situation, agieren zu müssen. Da der wirtschaftliche Druck aber steigt, besteht erheblicher Zugzwang.

Ein Beispiel für neue Publikationsmodelle ist die E-Book-Community Wattpad. Auf dieser können Autoren sich registrieren, um eigene Geschichten in verschiedenen Genres zu publizieren. Jeder, der registriert ist, kann wiederum die Geschichten anderer lesen. Wattpad finanziert sich über Werbeanzeigen innerhalb der Geschichten („In-Story-Adds“). Zudem besteht die Option, Verwertungsrechte an den Geschichten an interessierte Verlage zu verkaufen.

Fazit

In diesem Beitrag haben wir nicht nur die Funktionsweise des Buchhandels, sondern auch die aktuelle wirtschaftliche Situation der gesamten Wertschöpfungskette detailliert dargestellt. Nur ein Autor, dem bewusst ist,

  • wie einzelne Glieder der Wertschöpfungskette agieren bzw. sich unter wirtschaftlichem Druck gezwungen sehen zu agieren (Konzentration auf Spitzentitel, rationale Lagerführung, Flächenverkleinerungen etc.)
  • wodurch wirtschaftlicher Druck entsteht und wie dieser sich auswirkt (Konzentration, Übernahmen, Insolvenzen etc.)
  • welche Branchengepflogenheiten (Remssionsrecht, Preisbindung etc.) im Buchhandel gelten
  • und dass Self-Publishing-Dienstleister nicht in jedem Fall diese Gepflogenheiten übernehmen

versteht, was es bei der eigenen Buchveröffentlichung alles zu bedenken gibt und von welchen Faktoren es abhängt, ob ein Buch überhaut über den Buchhandel vertrieben und verkauft werden kann und wie die Erfolgschancen aussehen. Unsere Ausführungen haben deutlich gemacht, dass jedes einzelne Buch nicht nur hoher Konkurrenz ausgesetzt ist und nur durch hohen Marketingaufwand ein gewisses Umsatzniveau erreichen kann. Zudem haben wir klar gemacht, dass die Buchbranche sich in einem starken Umbruch befindet. In Zukunft wird manch ein Verlag und Buchhändler sein Geschäft aufgeben müssen, andere Verlage werden durch radikales Umdenken oder eine starke Spezialisierung und neue Geschäftsmodelle punkten.

Self-Publishing-Autoren sollten die Marktentwicklungen nicht nur genau im Auge behalten, sondern auch über eigene neue Wege der Leserführung und -bindung nachdenken. Als Beispiel sei genannt, das eigene Buch bzw. die eigene Geschichte auf verschiedenen Plattformen erlebbar zu machen, etwa durch die Option für Leser, selbst Ideen für ein Buch einzubringen oder eine Parallelgeschichte zu entwerfen etc. Die Optionen sind hier facettenreich und es liegt an Euch, liebe Autorinnen und Autoren, Eure Kreativität einzubringen.

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